Zurück im Leben?!

Nun bin ich tatsächlich schon wieder zurück… die Wochen in Indien sind wie im Fluge vergangen und ich bin noch immer dabei alle Eindrücke und Erfahrungen zu verarbeiten. Mir scheint hier vieles so unwirklich und auch unwichtig seit ich zurück bin. Ist wahrscheinlich normal, denn dort ticken die Uhren einfach anders und es scheint irgendwie als ob es nicht die gleiche Welt ist auf der man lebt. Aber vielleicht sollte ich einfach von Vorne anfangen.


Ich bin sehr früh morgens in Delhi gelandet und hatte so wirklich den ganzen Tag um die Stadt zu erkunden, denn erst am nächsten morgen ging der Bus nach Vrindavan. So habe ich mich in das Chaos gestürzt und wollte natürlich so viel sehen wie möglich. Schnell kam die Einsicht, dass hier alles etwas länger dauert. So braucht man für die kürzesten Entfernungen teilweise Stunden, denn man versinkt im totalen Verkehrsgewusel (Gewusel ist eigentlich untertrieben, denn es war eher ein schweres, aber dennoch kontrolliertes, Chaos). So habe ich ein paar wenige, aber sehr schöne Tempel und Märkte besucht und bin abends wie erschlagen ins Bett gefallen.


Am nächsten morgen ging es dann im Bus nach Vrindavan. Die Fahrt schien endlos, obwohl es nur ca. 130 km waren haben wir 6 Stunden gebraucht. That’s Inida ;)


Uns empfing ein Ort der Ruhe und Kraft und so war die kleine Anstrengung der Busfahrt schnell vergessen. Der Jai Singh Ghera Ashram ist wie ein Fels in der Brandung des indischen Wahnsinns.

Schnell waren wir auf unsere Zimmer verteilt und haben alle anderen organisatorischen Dinge erledigt. Plötzlich herrschte wieder deutsche Genauigkeit und Organisation, was den ganzen Ablauf wirklich erleichterte.


Das war also mein ‘Zuhause’ für die nächsten 4 Wochen. Und ob man es glaubt oder nicht, schnell hatten wir unseren ‘Alltag’.
Mein Tag begann um 5:00 Uhr und endete meistens so gegen 22:00 Uhr und da der Ablauf fast immer der gleiche war kam schnell Routine auf. Die morgendlichen Asana Stunden auf dem Dach des Ashrams habe ich besonders genossen. Swami Anantananda hat uns jeden morgen eine wunderschöne Stunde bereitet und er hat es geschafft mich an meine Grenzen zu bringen und gleichzeitig mich in eine tiefe Entspannung zu führen. Werde diese Stunden und die unglaublichen Energien die dort in der Luft lagen niemals vergessen!


Wie gesagt, unsere Tage verliefen stets im gleichen Rhythmus. Morgen Meditation und Satsang, Asanas, Baghavat Gita Unterricht, Hauptvortrag, Asanas, Karma Yoga, abendliche Meditation und Satsang. Zwischendurch gab es auch natürlich mal was zu essen und mittags einen kleinen Snack. Da man sich über den Tagesablauf keine Gedanken machen musste, konnte man sich wirklich voll und ganz auf sich konzentrieren. Wann geht es schon mal nur um einen selbst? Ich habe viele Dinge, die ich in irgendeine Kiste ganz weit unten im Unterbewusstsein versteckt hatte, überdacht und so auch wirklich verarbeitet. Das passierte ganz natürlich. Klar, das war nicht immer einfach, aber wahnsinnig erleichternd und befreiend. Vieles wurde mir einfach klarer und hat mich in einigen Entscheidungen bestärkt. Erstaunlich war, das viel Leute dort waren die an einem Wendepunkt in ihrem Leben standen und noch nicht so recht wussten in welche Richtung sich ihr leben wenden wird. Bei Manchen konnte man die Veränderung wirklich beobachten. Anfangs waren sie noch unruhig und unsicher und von Woche zu Woche wurden sie sichtbar sicherer und vor allem ruhiger. Der Geist und die Gedanken sind dort so fokussiert und gebündelt wodurch vieles plötzlich ganz deutlich wurde. Eine tolle und unbeschreibliche Erfahrung!


Vrindavan ist ein mehr als verrückter Ort. Um ehrlich zu sein, war mir der Kontrast zwischen der unglaublichen Ruhe des Ashrams und der unbeschreiblichen Aufruhr außerhalb der schützenden Tore meist zu groß, so dass ich den Ashram nur verlies wenn mein Obstvorrat aufgebraucht war oder eine andere dringende Besorgung erledigt werden musste. Sobald man durch das Tor schlüpfte war man ausgeliefert. Rikschas, Motorräder, Autos, Fahrräder, Tuktuks, singende Pilger, Kühe, Schweine, Hunde und natürlich Affen, wobei letztere stets für ein Späßchen gut waren und im Grunde nur darauf lauerten unsere Einkäufe oder was auch immer sie sonst erwischen konnten zu klauen, kamen von überall und strömten durch die engen Gassen. Alles motorisierte und beräderte mit lauten Gehupe und schrecklicher Ignoranz. Des öfteren konnten wir in letzter Sekunde zur Seite hüpfen um nicht gnadenlos überrollt zu werden… That’s India ;)


Die nachmittags Asana Stunden dienten uns zu lernen wie man unterrichtet und in den letzten beiden Wochen haben wir uns in kleine Gruppe aufgeteilt und uns gegenseitig unterrichtet. Das Unterrichten ist wirklich ein großartiges Gefühl. Sich völlig zurück zunehmen und sich einfach als Werkzeug für die anderen zu betrachten um ihnen eine tolle Stunde zu geben. Lustig war die Erkenntnis, dass die Schüler tatsächlich das machen was man ihnen sagst. Ist ja eigentlich auch klar, aber wenn man noch nie unterrichtet hat, ist das eben ein neues und anfangs auch komisches Erlebnis.


Alle Swamis haben wirklich gegeben was sie konnten um uns so viel wie Möglich mit auf dem Weg zu geben und uns alles bestmöglich zu vermitteln. Sie waren echt großartig und ich bewundere sie sehr. Auch wenn sie immer gesagt haben, sie können NUR einen Samen in uns sähen. NUR finde ich eigentlich nicht das passende Wort für dieses unglaubliche Geschenk, aber gut, da zeigt sich ihr wahre Bescheidenheit.


Zurückblickend war jeder Tag dort ein Geschenk und ich möchte nicht auch nur eine Sekunde missen. Es war eine der besten Entscheidungen die ich in meinem Leben bisher getroffen habe. Ich bin unsagbar dankbar für alles was ich dortlernen, erleben und erfahren konnte. Und ja, ich bin jetzt Yoga Lehrerin ;)


Nun bin ich voller Energie um mich in das nächste Abenteuer zu stürzen und freue mich unbeschreiblich auf diese Zeit. Cape Town I am coming!

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